„Das Wesen der ästhetischen Betrachtung und Darstellung liegt für uns darin, daß in dem Einzelnen der Typus, in dem Zufälligen das Gesetz, in dem Äußerlichen und Flüchtigen das Wesen und die Bedeutung der Dinge hervortreten. Dieser Reduktion auf Das, was an ihr bedeutsam und ewig ist, scheint keine Erscheinung sich entziehen zu können. Auch das Niedrigste, an sich Häßlichste, läßt sich in einen Zusammenhang der Farben und Formen, der Gefühle und Erlebnisse einstellen, der ihm reizvolle Bedeutsamkeit verleiht; in das Gleichgiltigste, das uns in seiner isolirten Erscheinung banal oder abstoßend ist, brauchen wir uns nur tief und liebevoll genug zu versenken, um auch Dies als Strahl und Wort der letzten Einheit aller Dinge zu empfinden, aus der ihnen Schönheit und Sinn quillt und für die jede Philosophie, jede Religion, jeder Augenblick unserer höchsten Gefühlserhebungen nach Symbolen ringen.“ Georg Simmel – Ästhetische Betrachtungen
Kunstsoziologie, als spezielle Soziologie, betrachtet Kunst in ihren sozialen Verflechtungen theoretisch und empirisch. Sie analysiert den sozialen Gehalt der Kunstwerke (nach Form und Inhalt), die gesellschaftliche Funktion der Künste (z.B.: Malerei, Musik, Literatur, usf.) und der sozialen Ordnung des Kunstsystems (Künstler, Gallerie, Publikum, Rezeption) und den sozioökonomischen Bedingungen der Produktion und Distribution von Kunst.
Die Kunstsoziologie als interdisziplinäre Wissenschaft überschneidet sich mit anderen Formen der Soziologie, wie der Wissenssoziologie und Kultursoziologie und diversen Kulturwissenschaften wie Kunstgeschichte, philosophische Ästhetik und Literaturgeschichte.
Das Seminar versucht daher dem sehr ambitionierten Ziel nachzugehen, das Verhältnis von Kunst und Gesellschaft zu beleuchten, wobei vorab angemerkt sein darf, dass natürlich sich der Begriff der Kunst einer Definition sperrt („Adorno“) sowie nicht wirklich zu benennen ist, was nun eigentlich Gesellschaft sei.
Somit werden grundlegende Positionen der Kunstsoziologie/ Soziologie erörtert und kritisch hinterfragt. Gerade in einer Zeit, in der fast alles zum Künstlerischen erhoben wird, scheint es notwendig, Analyseinstrumente bedienen zu können, die sich ein Stückweit dem common-sense entziehen.
LITERATURAUSWAHL:
- Kofler, Leo: Zur Dialektik der Kultur. Sechs Beiträge, Frankfurt a.M., 1972
- Cassirer, Ernst: Zur Logik der Kulturwissenschaften, Hamburg, 2011
- Silbermann, Alphons: Empirische Kunstsoziologie, Stuttgart 1986
- Fiedler, Konrad: Schriften zur Kunst, in II Bdn., 2. Auflg., München, 1991
- Marcuse, Herbert: Die Permanenz der Kunst. Wider eine bestimmte marxistische Ästhetik, in: Ders.: Schriften Band 9, Springe, 2009
- Simmel, Georg: Soziologische Ästhetik, in: Lichtblau, Klaus (Hrsg.): Klassiker der Sozialwissenschaften: Georg Simmel, Wiesbaden 2009
- Adorno, Theodor W.: Ästhetische Theorie, Frankfurt, 1970
- Früchtl, Josef: Ästhetische Erfahrung und moralisches Urteil. Eine Rehabilitierung, Frankfurt a.M., 1996
- Luhmann, Niklas: Die Kunst der Gesellschaft, Frankfurt a.M., 1997
Vorläufiger Seminarplan:
10.04.14 - Einführungsveranstaltung
17.04.14 - Georg Simmel
24.04.14 - Sitzung entfällt
01.05.14 - 1. Mai Sitzung entfällt
08.05.14 - Arnold Gehlen
15.05.14 - Alphons Silbermann: Empirische Kunstsoziologie
22.05.14 - Ernst Cassirer: Zur Logik der Kunstwissenschaften
29.05.14 - Christie Himmelfahrt Sitzung entfällt
05.06.14 - Konrad Fiedler: Schriften zur Kunst
12.06.14 - Leo Kofler: Zur Dialektik der Kultur
19.06.14 - Fronleichnam Sitzung entfällt
26.06.14 - Walter Benjamin – Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit
03.07.14 - Niklas Luhmann: Die Kunst der Gesellschaft
10.07.14 - Theodor W. Adorno: Ästhetische Theorie
17.07.14 - Herbert Marcuse: Die Permanenz der Kunst |