Gruppe 1
Sozialgeschichte der Juden im Rheinland 1780-1933
Im Rheinland leben seit tausend Jahren Juden als älteste und bis ins 20. Jahrhundert einzige nichtchristliche Minderheit in diesem Raum. Während die Forschung zur NS-Zeit kaum mehr zu überblicken ist, fehlen noch vertiefte Studien zur Sozialgeschichte der rheinischen und westfälischen Juden vor 1933. Die Siedlungsgeschichte etwa ist zwischen 1510 und 1780 ungenügend erforscht, aber auch über die Gründe des sozialen Aufstiegs der Juden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist wenig bekannt. Die Juden verstanden sich bis 1933 als „deutsche Staatsbürger jüdischen Glaubens“ und empfanden die Zeit bis 1914 durchaus als Erfolgsgeschichte: War dies eine Illusion? Die innerjüdische Perspektive soll im Zentrum stehen, nicht die Aussensicht. Didaktische Überlegungen zur Nutzung des erarbeiteten Materials für den Schulunterricht und eine Ausstellung im Jahr 2017 sollen die Veranstaltung abrunden.
1. „Heilige Gemeinde Köln“: Mittelalterliche Anfänge (Funde Archäologische Zone Köln)
2. Jüdische Niederlassung vom 16. bis zum 18. Jahrhundert: Schutzjuden-Status, Hoffaktoren
3. Debatte um Gleichstellung: Chr. W. v. Dohm, Französische Revolution (1789/91), Frankreich im Rheinland 1792-1814
4. Hausierer und Viehhändler: Erwerbstruktur in den Landgemeinden des Rheinlandes und von Westfalen
5. Textilhandel und Textilproduktion, die Warenhausbranche: Leonhard Tietz (Wuppertal / Köln)
6. Kampf um Emanzipation: Der rheinische und der westfälische Provinziallandtag in den 1840er Jahren, Preußen 1869
7. Religiöse Bräuche und Säkularisierung (1848-1914)
8. Nach der Emanzipation 1869: Urbanisierung, sozialer Aufstieg: eine Erfolgsgeschichte bis 1914? (Vergleich mit der christlichen Bevölkerung)
9. Neu: im öffentlichen Raum; Synagogenbauten und –Einweihungen, die antisemitische Bewegung 1879-1914 (Karikaturen, Ritualmordunterstellung Xanten 1892/93)
10. Jüdische Zuwanderung aus Osteuropa: Chassidim und Sozialisten (bis 1914)
11. Identitätsstiftung: Debatten um die jüdischen Volksschulen, lokale Beispiele: Essen
12. Die Weimarer Zeit: Jüdische Jugendbewegungen (Memoiren)
13. Jüdisches Vereinswesen (1883-1933)
14. Integration in der Mehrheitsgesellschaft vor 1933?
15. Anwendung des Erarbeiteten für Unterricht und Ausstellung (2017)
Literatur:
Erste Einführung:
Meyer, Michael A./Brenner, Michael (Hg.): Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit, 4 Bde., München 2000
Überblicke über die Sekundärliteratur:
Toch, Michael: Die Juden im mittelalterlichen Reich, München 2013
Battenberg, Friedrich J.: Die Juden in Deutschland vom 16. Jahrhundert bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, München 2010
Volkov, Shulamit: Die Juden in Deutschland 1780-1918, München 2010
Zimmermann, Moshe: Die deutschen Juden 1918-1945, München 2013
Jüdische Landesgeschichte:
Brocke, Michael (Hg.): Feuer an Dein Heiligtum gelegt. Zerstörte Synagogen 1938 (Beilage: Die Synagogen der jüdischen Gemeinden Nordrhein-Westfalen 1999), Bochum 1999.
Reuter, Ursula: Jüdische Gemeinden vom frühen 19. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, VIII.8). Bonn 2007.
Zur Bausubstanz: Pracht-Jörns, Elfi: Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, 5 Teile mit rund 2500 Seiten, Köln 1998-2005
Zimmermann, Michael (Hg.): Geschichte der Juden im Rheinland und in Westfalen, Bonn 1998.
Wertvolle Bibliographie mit etwa 6000 Titeln zur Ortsgeschichte:
http://www.steinheim-institut.de/_dbs/ebib-djg-nrw/query.html
Gruppe 2:
Die Gründung der Südafrikanischen Union 1908-10
Im Jahr 1910 entstand die Südafrikanische Union aus vier bis dahin getrennt verwalteten britischen Kolonien. Dazu wurde eine Versammlung von Parlamentariern und Regierungsvertretern aus diesen Gebieten einberufen, die eine neue Verfassung ausarbeiteten. Das Ergebnis war der südafrikanische Rassenstaat, der die schwarze Mehrheit politisch entmündigte. Das Seminar soll am südafrikanischen Beispiel in die Verfassungsgeschichte von selbstverwalteten Kolonien im Rahmen des britischen Empire einführen. Dabei werden die Art der Verhandlungsführung, die strittigen Fragen und die angebotenen Lösungen sowie die Versuche der schwarzen Bevölkerung, die Verabschiedung der Verfassung zu verhindern, behandelt werden.
Englischkenntnisse, die zur Lektüre von Quellen und Sekundärliteratur befähigen, sind Voraussetzung.
Literatur:
L. M. Thompson: The Unification of South Africa, Oxford 1960.
Gruppe 3:
Die Montanunion
Am 9. Mai 1950 schlug der französische Außenminister Robert Schuman in einer offiziellen Erklärung vor, eine Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl zu schaffen. Diese Erklärung, die später auch als „Schuman-Plan“ bekannt wurde, war der Ausgangspunkt des politischen und ökonomischen Integrationsprozesses in Europa. Aus ihm gingen die ersten und bis heute grundlegenden europäischen Institutionen hervor. Im Proseminar sollen die Entstehung dieser Initiative und ihre Folgen analysiert werden. Es wird daher zum einen ein wichtiges Kapitel französischer und deutscher Zeitgeschichte thematisieren wie zugleich in die Geschichte der europäischen Einigung einführen. Voraussetzungen für den Erwerb eines Leistungsnachweises sind neben regelmäßiger Teilnahme die Vor- und Nachbereitung der Sitzungen, die Übernahme eines Referates sowie die Anfertigung einer schriftlichen Hausarbeit.
Die wesentlichen Quellen liegen in deutscher Übersetzung vor.
Literatur:
Wilfried Loth: Europas Einigung. Eine unvollendete Geschichte, Frankfurt/New York 2014.
Gruppe 4:
Kolonialherrschaft und Widerstand – der Maji-Maji-Krieg in Deutsch-Ostafrika, 1905-1907/08
Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten mag das Deutsche Reich erst spät in den Wettbewerb europäischer Mächte um koloniale Besitzungen eingetreten sein. Dem imperialen Anspruch in Übersee vorangegangen, den in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch Politiker zunehmend diskutierten, war allerdings eine kontinuierliche Ausweitung deutscher Einflusssphären, nicht zuletzt auf dem afrikanischen Kontinent. Auch Reichskanzler Otto von Bismarck sollte schließlich in der Frage nach kolonialen Besitzungen Flexibilität beweisen und ließ, im scheinbaren Gegensatz zu seinem zuvor bekräftigten Desinteresse an einer Kolonialpolitik für Deutschland, im April 1884 erste Gebiete in Südwestafrika „unter deutschen Schutz“ stellen. Knapp ein Jahr später folgten Territorien in Ostafrika, der Region, die im Fokus des Seminars stehen wird. Am Beispiel von ehemals Deutsch-Ostafrika wird in der Veranstaltung zunächst die Entwicklung deutscher Kolonialambitionen und Kolonialpolitik nachgezeichnet, d.h. von den Anfängen erster Interessen in der Region, über den Auf- und Ausbau eines kolonialen Verwaltungs- und Militärapparats, bis hin zu Deutschlands Aberkennung seines Status als Kolonialmacht nach dem Ersten Weltkrieg. Der Schwerpunkt des Seminars wird auf dem Widerstand gegen die deutsche Kolonialisierung seitens lokaler Bevölkerungsgruppen liegen. Dabei gilt ein besonderes Interesse dem Maji-Maji-Krieg von 1905-1907/08. Anhand des Konflikts soll ein differenziertes Bild damaliger Akteure und deren Motivationen herausgearbeitet und unterschiedliche Interpretationen des Krieges diskutiert werden. Die Bereitschaft zur Lektüre englischsprachiger Texte und Quellen wird vorausgesetzt. Literatur: Speitkamp, Winfried. 2014. Deutsche Kolonialgeschichte. 3. bibl. erg. Aufl., Stuttgart: Reclam.
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