Gruppe 1: Uwe Ludwig (Di 14-16): Die Doppelwahl von 1198 und der deutsche Thronstreit
Das Jahr 1198, in dem die Fürsten des Reiches im Dissens zwei sich in der Folgezeit heftig befehdende Kandidaten auf den deutschen Königsthron heben, den Staufer Philipp von Schwaben und den Welfen Otto IV., ist ein tiefer Eischnitt in der Verfassungsgeschichte des mittelalterlichen Imperiums, zumal die Doppelwahl dem Papst die Möglichkeit eröffnet, in die Auseinandersetzungen als oberster Schiedsrichter einzugreifen. In der Übung sollen ausgewählte Quellen zu dieser spannenden und folgenreichen Kontroverse der mittelalterlichen Reichsgeschichte gelesen und interpretiert werden.
Literatur
Steffen Krieb, Vermitteln und Versöhnen: Konfliktregelung im deutschen Thronstreit 1198-1208, Köln – Weimar – Wien 2000 (Norm und Struktur. Studien zum sozialen Wandel in Mittelalter und früher Neuzeit 13)
Jörg Rogge: Die deutschen Könige im Mittelalter. Wahl und Krönung, Darmstadt 2006
Gruppe 2: Miriam Czock (Mi 14-16): Humor im Mittelalter
Erst in den letzten Jahren wenden sich neben den Literaturwissenschaftlern vermehrt auch die Historiker dem Humor im Mittelalter zu. Die „späte Entdeckung“ des Humors mag dabei daran liegen, dass zwar viele mittelalterliche Texte Komik nutzen oder thematisieren, deren Entschlüsselung jedoch nicht immer einfach ist. Die Übung soll versuchen die "kulturelle Distanz" zum Humor des Mittelalters zu überwinden und beleuchten in welchem Rahmen Komik in mittelalterlichen Texten thematisiert und genutzt wird. In der Übung sollen die Studierenden ein möglichst breites Spektrum an Formen von Komik und Humor anhand von mittelalterlichen Quellen erarbeiten, daneben soll in die neuere Forschungsliteratur zum Thema eingeführt werden.
Einführende Literatur:
Althoff, Gerd/ Christel Meyer-Staubach: Ironie im Mittelalter. Hermeneutik – Dichtung – Politik, Darmstadt 2011.
Schüttpelz, Erhard: Art. Humor, in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 4, Tübingen 1998, S. 86-98.
Gruppe 3: Alexander Berner (Di 10-12): Die Normannen
In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts bot sich ein sehr interessantes Bild der räumlichen Verteilung von Gebieten, die unter normannischer Herrschaft standen: In England und in Nordfrankreich, aber auch in Unteritalien, Sizilien, Nordafrika, sogar im Norden Syriens hatten sich normannische Herrschaften gebildet, darunter gar zwei Königreiche. Dieser Befund ist eingedenk der recht nebulösen Herkunft der „Nordmannen“ umso erstaunlicher. In dieser Übung soll die Geschichte der Normannen nachvollzogen werden, denen es mit erstaunlichem Waffenglück, aber auch einem feinen Gespür für Akkulturation gelang, eigene Herrschaften in unterschiedlichsten Umwelten zu errichten und zu sichern. Der Untersuchungszeitraum reicht von den normannischen Plünderungen des späten 8. und frühen 9. Jahrhunderts bis zum Untergang des normannischen Königreichs Sizilien mit dem Tod Wilhelms II. 1189.
Einführende Literatur:
Chibnall, Marjorie M.: The Normans, Malden, MA 2006.
Houben, Hubert: Die Normannen, München 2012.
Plassmann, Alheydis: Die Normannen, Stuttgart 2008.
Gruppe 4: Marcel Müllerburg (Blockseminar): Gibt es im Mittelalter Texte? Zum Umgang mit Schrift im Hochmittelalter
Mit dem Hochmittelalter, also etwa ab der Mitte des 11. Jahrhunderts veränderte sich der Umgang mit und der Gebrauch von Schriftlichkeit maßgeblich, indem sie nun in fast alle Lebensbereiche hineinwirkte: Neben die Zeugenaussage vor Gericht trat das beweiskräftige Schriftstück; rituelle Inszenierungen sozialer Verhältnisse und ihre schriftliche Fixierung gerieten in Spannung zueinander; über die Bedeutung von Geschriebenem wurde in neuer Weise gestritten und neue Techniken der Schriftinterpretation wurden diskutiert. Während uns heute der Text als Leseobjekt und Begriff selbstverständlich ist, diskutierte man im Hochmittelalter beispielsweise über die Frage, ob man autoritative Schriftstücke abändern und wie man sich auf Dokumente berufen könne. Man kann das Hochmittelalter also als eine Zeit des Medienkonflikts deuten, in dem das Verhältnis zwischen mündlicher und schriftlicher Autorität neu ausgehandelt werden musste.
Die Übung möchte anhand ausgewählter Beispiele einen Eindruck von diesem Prozess geben. Zugleich kann man fragen, ob diese mediale Revolution Gemeinsamkeiten hat mit dem Prozess der Durchsetzung digitaler Medien, der sich in unserer Gegenwart vollzieht, und falls ja, welche? Die Übung soll zweierlei anbieten. Erstens eine Einführung in mittelalterliche Schrifttechniken und die Kodikologie, also die Wissenschaft vom vormodernen Buchwesen. Zweitens möchte sie nachzeichnen, vor welche Probleme die gesteigerte Bedeutung von Schriftlichkeit eine Gesellschaft stellte, die stark über mündliche Kommunikation organisiert war.
Die Übung findet als Blockveranstaltung jeweils von 10-18 Uhr am 17./18.06. und 15./16.07.2016 statt. Voraussetzung für die Teilnahme ist der Besuch der Vorbereitungssitzung am 18.04.2016, 18-20 Uhr. Die Bereitschaft zum Lesen englischsprachiger Texte wird vorausgesetzt.
Literatur zur Einführung:
Arnold Angenendt, Religion zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Der Prozeß des Mittelalters, in: Clemens M. Kasper/Klaus Schreiner (Hrsg.), Viva vox und ratio scripta. Mündliche und schriftliche Kommunikationsformen im Mönchtum des Mittelalters. (Vita regularis. Abhandlungen, Bd. 5.) Berlin/Münster/Wien u. a. 1997, 37-50.
Hagen Keller, Art. „Schriftlichkeit und Mündlichkeit“, in: Gert Melville/Martial Staub (Hrsg.), Enzyklopädie des Mittelalters. 2 Bde. Darmstadt 2008, Bd. 1, 300-301.
Hagen Keller, Schriftgebrauch und Symbolhandeln in der öffentlichen Kommunikation. Aspekte des gesellschaftlich-kulturellen Wandels vom 5. bis zum 13. Jahrhundert, in: Frühmittelalterliche Studien 37, 2003, 1-24.
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