Gegenwärtige Stadtpolitik wird als „unternehmerisch“ beschrieben: Stadtregierungen positionieren ihre Städte als Marken, die im Wettbewerb um Arbeitsplätze, Unternehmensansiedlungen, hochqualifizierte Arbeitskräfte und (Einkaufs-)Tourist_innen mit anderen Standorten konkurrieren. Stadtentwicklungspolitik wird dabei zur Arbeit an den „weichen Standortfaktoren“: Hochwertige Kultur-, Freizeit- und Shoppingangebote, gehobene Wohnlagen, sicheres und ansprechendes Wohnumfeld, Familienfreundlichkeit. Gleichzeitig wird die Stadtverwaltung selbst an betriebswirtschaftlichen Standards ausgerichtet und Haushaltskonsolidierung verordnet, es werden „weichere“ und kooperativere Steuerungsformen eingesetzt, die privatwirtschaftliche und zivilgesellschaftlicher Akteur_innen in Governance-Arrangements einbinden.
Doch Städte sind durch soziale Ungleichheit und Konflikte gekennzeichnet, die nur schlecht zum Image eines erfolgreichen „Unternehmens Stadt“ passen. Armutsverhältnisse, Wohnungsnot und verschiedene Formen von Ausgrenzung kennzeichneten die industriekapitalistischen Städte des 19. und 20 Jahrhunderts und bestehen in sich wandelnden Ausprägungen fort. Sie waren und sind klassische Gegenstände von Stadtpolitik. Städtische Politiken des Sozialen reichten dabei historisch von repressiv-ausschließenden bis zu integrativen, auf sozialen Ausgleich orientierten Strategien. Hier sind auch die Ursprünge einer stadtorientierten Sozialen Arbeit verortet.
Was bedeutet nun die gegenwärtige unternehmerische Stadtpolitik für jene Stadtbewohner_innen, die nicht zu ihren umworbenen Zielgruppen aus Mittelschicht und Management gehören? Welche Auswirkungen haben „unternehmerische“ Strategien auf ihre Teilhabemöglichkeiten, welche Formen sozialer Ausgrenzung werden sichtbar? Welche Rolle nimmt eine „soziale“ Stadtpolitik dabei ein, und wie positionieren sich Akteur_innen der Sozialen Arbeit?
Diesen Fragen werden wir im Seminar gemeinsam nachgehen. Wir erschließen durch Textlektüre und Dokumentenanalyse gemeinsam die Entstehungsbedingungen und Ausprägungen von unternehmerischer Stadtpolitik, die mit ihr verbundenen sozialen Konflikte und deren politische Bearbeitung. Dabei fragen wir immer nach Positionierungen und Handlungsmöglichkeiten für Akteur_innen der Sozialen Arbeit.
Voraussetzung für die Teilnahme ist die Bereitschaft zu regelmäßiger Lektüre von Fachliteratur, zur Recherche und Analyse von Dokumenten, zur gemeinsamen Diskussion und Gestaltung der einzelnen Sitzungen. |