Kommentar: |
Wie in allen literarhistorischen Zeitabschnitten führen auch im 18. Jahrhundert gesellschaftspolitische und ideengeschichtliche Entwicklungen zu Modifikationen bzw. Reformen in der Reflexion und Produktion von Drama und Dramatik, die in der Hauptsache zur Herausbildung und Etablierung des Theaters als Medium des bürgerlichen Selbstverständnisses führen (sollen). Der Wandel der Dramentheorien und der dramatischen Formen darf dabei jedoch insgesamt keineswegs als ein linearer oder gar teleologischer verstanden werden. Vielmehr lässt sich ein Nebeneinander diverser Dramenkonzepte und -theorien feststellen, wie es bereits ein Blick auf die Vielfalt der dramatischen Formen wie (bürgerliches) Trauerspiel, (rührendes) Lustspiel erahnen lässt, aber auch das hohe Aufkommen von Unterhaltungsstücken Ende des Jahrhunderts deutlich macht.
Im Seminar wird daher einerseits auf die Herausbildung dramentheoretischer Modellideale und die Produktion entsprechender Dramen von der Früh- bis zur Spätaufklärung eingegangen; andererseits werden auch Konzepte und Werke besprochen, die sich in dieser Zeit abseits der literarhistorisch vorherrschenden Norm verorten lassen, oder die – wie die Dramenpraxis der Stürmer und Dränger – sich von der Dramatik und Dramentheorie der Aufklärung distanzieren (möchten). Dabei werden in der Textauswahl und den Seminardiskussionen die Veränderungen der Theaterpraxis stets mitgedacht.
Zur Lektüre vorgesehen sind Gottscheds Vorrede zum Sterbenden Cato, Luise Gottscheds Pietisterey im Fischbein-Rocke, Lessings Emilia Gallotti, Gellerts Die zärtlichen Schwestern, Kotzebues Menschenhass und Reue, Goethes Götz von Berlichingen und Schillers Kabale und Liebe. Die endgültige Literaturliste wird in der ersten Sitzung bekanntgegeben. Zur Einführung eignet sich das Kapitel zum „Drama und Theater“ in: Peter-André Alt: Aufklärung. Stuttgart: Metzler 2001.
|