Spätestens mit dem Attentat des Theologiestudenten Karl Ludwig Sand am 23. März 1819 auf den Dichter August von Kotzebue ist der Student für das 19. Jahrhundert literaturfähig geworden. Aber was heißt es eigentlich, zu Beginn der 19. Jahrhunderts Student zu sein? Dient die Figur ‚Student’ als Möglichkeit, soziale Verhältnisse zu beschreiben oder gar zu kritisieren? Wie funktioniert die romantische Universität? Welche Rolle spielt die Erinnerung ans Studium und die Vergangenheit der Institution Universität in Eichendorffs Halle und Heidelberg? Was hat es mit den Bildungskatastrophen in vielen Texten (bspw. Achim von Arnims Hollins Liebeleben) der romantischen Literatur auf sich?Warum scheitern Studenten am Leben - wie Hugo Großmann in Theodor Fontanes Mathilde Möhring? Wie lassen sich die zahlreichen Autodidakten und scheiternden Studenten in Wilhelm Raabes Werk verstehen?
All diesen Fragen wird das Seminar nachgehen. Vorausgesetzt wird ein Interesse an sozialgeschichtlichen Fragestellungen der Literaturwissenschaft. Kontext der Lektüren von Texten aus der Romantik und dem Realismus bilden universitäts- und wissenschaftsgeschichtliche Fragestellungen. Beginnen werden wir mit der Lektüre der Schriften zur Universitätsreform von Wilhelm von Humboldt, Friedrich Schleiermacher und Johann Gottlieb Fichte aus den Jahren 1809 bis 1813. In diesen Texten wird der Student für das 19. Jahrhundert gleichsam 'erfunden'.
Das Seminar ist lektüreintensiv. Es daher wird die Bereitschaft vorausgesetzt, sich intensiv mit Texten aus verschiedenen Bereichen (Literatur, Soziologie, Geschichtswissenschaft, Universitätsgeschichte ) zum 19. Jahrhundert auseinanderzusetzen.
Die genaue Auswahl der Texte wird in der ersten Sitzung bekanntgegeben. Ein digitaler Semesterapparat wird die Lektüren des Seminars unterstützen
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