Kommentar: |
Seit es politische Ordnungen gibt wird die Frage nach Gerechtigkeit gestellt. Was bedeutet aber, dass etwas gerecht ist? Und was sollte überhaupt gerecht sein: einzelne Handlungen und Entscheidungen, diejenigen, die regieren, oder die Ordnung als solche? Was macht also eine gerechte gesellschaftliche Ordnung aus? Gerechtigkeitstheorien setzen sich mit diesen Themen auseinander. Sie fragen sich, was Gerechtigkeit eigentlich ist, wie es zu ihr kommt, was sie umfasst und wie sie am besten von einer politischen Ordnung umgesetzt werden kann.
Schon in der Antike gibt es verschiedene Konzeptionen von Gerechtigkeit – und diese Vielfalt hat zu unterschiedlichen Strängen der Gerechtigkeitstheorie geführt. Darüber hinaus wurden im Verlauf der Geschichte neue Konzeptionen von Gerechtigkeit in den Diskurs eingebracht. Der moderne Staat greift mit seinen Handlungsoptionen tief in das Leben seiner Bürgerinnen und Bürger ein. Dies eröffnet neue und weitreichende Möglichkeiten zur Umverteilung und zur Gewährleistung von Rechten, es wirft aber auch neue Gerechtigkeitsfragen auf. Wie kann es sein, dass Gerechtigkeit sich nicht immer auf dasselbe bezieht? Sollte Gerechtigkeit nicht etwas Festes und Einheitliches sein? Warum unterscheiden sich verschiedene Gerechtigkeitstheorien so deutlich voneinander? Und worin unterscheiden sie sich? Was ist der Schwerpunkt einzelner Gerechtigkeitstheorien? Und wie haben sie sich im geschichtlichen Verlauf verändert? Ist es relevant für unsere Konzeption von Gerechtigkeit, in was für einem Staat wir leben, oder ist unsere Konzeption von Gerechtigkeit sogar abhängig von dem Modell des Staates, in dem wir leben?
Dieses Seminar soll dazu einladen, diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Mit der Hauptfragestellung, was eigentlich der Gegenstand jeweiliger Gerechtigkeitstheorien ist, wollen wir uns einen historischen Überblick verschaffen und sehen ob, und wenn ja, inwiefern sich der Gegenstand der Gerechtigkeit über die Zeit verändert hat. |