Kommentar: |
"Spieler aus Leidenschaft und Gewinnsucht, die zu Spielern von Profession herabsinken, häufig zum Betrug und Diebstahl, Straßenraub und Todtschlag übergehen, und auf dem Rabensteine oder durch Selbstmord endigen, gehören der Menschheit nicht an."
Diese im Jahre 1840 seitens des Schachhistorikers L. Tressan getätigte Aussage verweist auf eine vormoderne Gedankenwelt über das Spielen, die sich von der unseren grundlegend unterscheidet.
Seit dem europäischen Mittelalter wurden Spiele von einem Diskurs flankiert, der die Sinnlosigkeit selbiger konstatierte. Diese Vorstellung über das Spielen führte noch im Spätmittelalter dazu, dass Geistliche Spiele öffentlich verbrannten. In Folge des aufkommenden Humanismus veränderte sich zwar die Haltung vieler Gelehrter gegenüber den Spielen, jedoch haftete diesen weiterhin das Stigma der Sinnlosigkeit an. Die Landesherren im frühneuzeitlichen Alten Reich versuchten dann auch im Rahmen ihrer Gesetzgebung, das Spielen ihrer Untertanen zu begrenzen. Freilich wären solche Gesetze sinnlos, hätten die Menschen in der Frühen Neuzeit sich nicht dem Spielen hingegeben. Schach, Würfel- und Kartenspiele sowie eine Vielzahl weiterer Spiele erfreuten sich durchaus großer Beliebtheit. Doch begaben sich Spieler in einen gesellschaftlichen Grenzbereich. Zwar wurden sie nicht per se als kriminell oder deviant angesehen, jedoch verortete der zeitgenössische Spielediskurs diese zumindest in der Nähe von Devianz – wie das obige Zitat demonstriert. Folglich war das Spielen für die Menschen der Frühen Neuzeit eine grundlegend andere Erfahrung als für den heutigen Menschen, was nicht allein in den damals existierenden Spielen, sondern auch in der öffentlichen Skepsis diesen und den Spielern gegenüber begründet war.
Das Hauptseminar soll basierend auf der Lektüre (englischer) Forschungsliteratur und der Auseinandersetzung mit Quellen unterschiedlicher Provenienz die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in die frühneuzeitliche Welt des Spielens einführen. |