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Keine Einordnung ins Vorlesungsverzeichnis vorhanden. Veranstaltung ist aus dem Semester SoSe 2019 , Aktuelles Semester: SoSe 2024
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Aus den Trümmern. Architektur der Wiederaufbauzeit an Rhein und Ruhr    Sprache: Deutsch    Belegpflicht
(Keine Nummer) Seminar     SoSe 2019     2 SWS     keine Übernahme    
   Institut: Institut für Kunst und Kunstwissenschaft    
   Teilnehmer/-in  Maximal : 40  
 
   Zugeordnete Lehrperson:   Daners
 
 
Zur Zeit keine Belegung möglich
   Termin: Mittwoch   18:00  -  20:00    wöch.    Maximal 40 Teilnehmer/-in
Beginn : 24.04.2019    Ende : 10.07.2019
      Raum :   R12 V02 D20   R12V  
 
 
   Bemerkung:

Inhalt:

Es war der Anfang vom Ende:  Als Reaktion auf den deutschen Angriffskrieg und die Flächenbombardements europäischer Großstädte durch die Luftwaffe (u.a. Warschau, Rotterdam, Coventry) begannen die Alliierten ab 1940 einen umfassenden Luftkrieg, um das Deutsche Reich in die Knie zu zwingen. Mit verheerenden und tödlichen Folgen für die Zivilbevölkerung. 1945 waren die meisten Städte besonders entlang der Rheinzone und im Ruhrgebiet als Folge des Bombenkrieges schwer verwüstet: Wohngebiete, Industrie, öffentliche Bauten. Bereits während der Kriegszeit wurden Vorbereitungen für eine Rekonstruktion des Zerstörten getroffen, arbeiteten Architekten um Albert Speer im Arbeitsstab für den Wiederaufbau bombenzerstörter Städte an weitreichenden Planungen, um nach einem erhofften deutschen Sieg rasch die Weichen für umfassende städtebauliche Veränderungen stellen zu können. So wenig wie die deutsche Politik und Verwaltung nach 1945 eine „Stunde Null“ gekannt hat, erwuchsen zunächst auch in der (Stadt)Baukunst aus der Kontinuität der Architektenschaft die Konzepte für den Wiederaufbau städtischer Zentren und die Schaffung neuen Wohnraums. Dabei standen die Traditionalisten progressiven Vertretern gegenüber, die vor allem an die Ideale des Neuen Bauens der 1920er Jahre und die jüngsten Entwicklungen des International Style anknüpfen wollten. Die ideologische Kontroverse um die Nachkriegsmoderne im Rheinland gipfelte im Konflikt um das in historisierenden Formen erbaute Düsseldorfer Rathaus: Stadtplaner Friedrich Tamms löste hier 1952 mit der Berufung des belasteten Architekten Julius Schulte-Frohlinde zum Leiter des Düsseldorfer Hochbauamtes einen veritablen Architektenstreit aus.

Die Planer ganz unterschiedlicher Schulen verfolgten gleichermaßen das Ziel einer gegliederten und aufgelockerten Stadt mit klarer Trennung von Arbeits-, Verwaltungs- und Wohnzonen mit neuen Siedlungen am Stadtrand, die durch großzügige Straßenführungen für den aufkommenden Individualverkehr erschlossen werden sollten. Die autogerechte, fortschrittlich anmutende Düsseldorfer Wiederaufbauplanung unter Friedrich Tamms galt daher viele Jahre als mustergültig, auch wenn alte Seilschaften restaurativ eingestellter Architekten meist bei öffentlichen Aufträgen reüssieren konnten.  In Köln ging das Team um Rudolf Schwarz behutsamer mit dem Erbe der Vergangenheit um und erkannte die identitätsstiftende Kraft der romanischen Kirchen oder auch des mittelalterlichen Festbaus Gürzenich, der im Sinne einer interpretierenden Denkmalpflege in zeitgemäßen Formen, aber unter Einbeziehung der historischen Reste aus den Trümmern rekonstruiert wurde.  

Auf die Zeit der Enttrümmerung, der Notunterkünfte und Ressourcenknappheit, folgten ab 1949/1950 die Happy Fifties, die sich unter Anlehnung an amerikanische Vorbilder einer neuen Leichtigkeit hingaben: Elegante Bürohochhäuser aus Stahl mit Vorhangfassaden aus Glas, weit ausschwingende Flugdächer über zurückgesetzten Dachgeschossen, spiralförmige Treppenhäuser, organisch-fließende Formen in Architektur und Design allenthalben. Der Einsatz neuer, kaum erprobter Baumaterialien und -techniken führte allerdings später zu substantiellen Schäden , die heute grundsätzliche Fragen nach der Erhaltung und der Gefahr der Überformung bzw. Zerstörung denkmalwerter Bausubstanz  der 1950er Jahre aufwerfen.

In der Übung werden  einflussreiche Architektenpersönlichkeiten und deren Wirken im regionalen Kontext in den Blick genommen: Rudolf Schwarz und Wilhelm Riphahn in Köln; Hentrich, Petschnigg und Partner, Paul Schneider-Esleben oder Bernhard Pfau in Düsseldorf; Hans Scharoun in Marl und Bochum; Hans Dussmann, Friedrich Wilhelm Krämer und Egon Eiermann mit jeweils bedeutenden Bauten in Essen.

Durch die Zerstörungen des Krieges standen die Architekten vor vielen neuen Bauaufgaben: Es mussten nicht nur Siedlungen geplant und Wohnraum für viele Menschen geschaffen werden, auch neue Konzepte für Kulturbauten oder Schulen waren in der jungen Demokratie gefragt. Eine besondere Stellung nimmt der (katholische) Kirchenbau ein, der z.B. nach Gründung des Ruhrbistums 1957 einen regelrechten Boom erlebte. Hier wurden von Architekten wie Gottfried Böhm, Josef Lehmbrock, Rudolf Schwarz oder Emil Steffann nicht selten moderne und ungewöhnliche Entwurfslösungen gefunden, die in den Gemeinden und in der Bistumsverwaltung zunächst auf Widerstand stießen. 

Die Übung wird zudem bei einem Stadtrundgang durch Essen die sogenannte Graue Architektur in den Blick nehmen, die als „Moderne ohne Experimente“ (Benedikt Boucsein) das Erscheinungsbild vieler Städte an Rhein und Ruhr noch heute prägt. Eine funktionsgerechte, pragmatische Architektur, die ohne einem übergeordneten ästhetischen Credo zu folgen, vielerorts eine spezifische Qualität entwickelt hat. Weitere Aspekte betreffen bei einem Termin im Museum Folkwang die Museumsbauten der Nachkriegszeit, die Inszenierung von Architektur durch Fotografie oder die Wechselwirkungen von Bildender Kunst und Architektur, wie diese in einer verstärkten öffentlichen Förderung von Kunst am Bau ihren Niederschlag gefunden haben. Die Übung schließt mit einem Ausblick auf die Architektur der „Boom-Jahre“ zwischen 1960 bis 1970.

 

ANMELDUNG: LSF ab 1.3.2019 und Anwesenheit am ersten Termin