Kommentar: |
Aufklärung und Romantik bereiteten im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert den Boden für ein Zwei-Geschlechter-Modell, das die beiden Geschlechter zudem strikt „polarisierte“ (Karin Hausen), das heißt ihre Identitäten und Rollen in maßgeblichen Punkten über scharfe Entgegensetzungen definierte. Dieses Zwei-Geschlechter-Modell prägte das „bürgerliche Zeitalter“ vom frühen 19. bis zum späten 20. Jahrhundert, auch wenn es seit den 1920er Jahren zumindest von Avantgarden herausgefordert wurde. In der jüngeren Vergangenheit wurden Geschlechtergrenzen zunehmend durch die Interventionsmöglichkeiten der Medizin in Frage gestellt – in Westdeutschland fand diese Entwicklung im Transsexuellengesetz von 1980 ihren Niederschlag. Gegenwärtig bringen die Debatte um das „dritte Geschlecht“ und zahlreiche Inszenierungen von „Zwischengeschlechtlichkeit“ in der Populärkultur zusätzliche Bewegung in das Problemfeld. |
Literatur: |
Hausen, Karin, Die Polarisierung der „Geschlechtscharaktere“ – eine Spiegelung der Dissoziation von Erwerbs- und Familienleben. In: Werner Conze (Hg.), Sozialgeschichte der Familie in der Neuzeit Europas, Stuttgart 1976, S. 363–393.
Klöppel, Ulrike, XX0XY ungelöst. Hermaphroditismus, Sex und Gender in der deutschen Medizin. Eine historische Studie zur Intersexualität, Bielefeld 2010.
Meyer, Sabine, „Wie Lili zu einem richtigen Mädchen wurde“. Lili Elbe: Zur Konstruktion von Geschlecht und Identität zwischen Medialisierung, Regulierung und Subjektivierung, Bielefeld 2015.
Meyerowitz, Joanne, How Sex Changed. A History of Transsexuality in the United States, Cambridge, MA. 2004.
Theile, Janett, Transsexualität im Familienrecht. Eine vergleichende Untersuchung der rechtlichen Anerkennung des Geschlechterwechsels und ihrer Rechtsfolgen insbesondere auf die Ehe und Lebenspartnerschaft im deutschen, englischen und französischen Recht, Regensburg 2013. |