Kommentar: |
Nationalismus geht davon aus, dass sich die Menschheit in „Nationen“ gliedern lässt, die Zugehörigkeit zur „Nation“ von grundlegender Bedeutung ist und dass „Nationen“ spezifische Eigenheiten wie Sprache, ethnische Abstammung, Sitten und Gebräuche aufweisen, die sich über einen langen Zeitraum beobachten lassen. Nation und Nationalstaaten sind junge Gebilde, kaum mehr als zweihundert Jahre alt. Und in weiten Teilen der außereuropäischen Welt sowie in einigen Teilen Europas sind sie noch jünger. Vom Nationalstaat als zeitloser Regel kann damit keine Rede sein. Mehr noch: Die Gliederung in Nationen und Nationalstaaten ist nicht nur vergleichsweise jung. Sie ist in vielen Fällen alles andere als „natürlich“. Die Rezeption und Übernahme des abendländischen Konzepts von Nation und Nationalismus haben im südosteuropäischen Raum (aber nicht nur dort) zerstörerische Energien freigesetzt, die zu gewaltsamen Abgrenzungsprozessen (Kriege, Bürgerkriege, Vertreibung und gewaltsamen Homogenisierungspraktiken) führten. Ziel des Seminars ist es die „Karriere“ des Nationalismus am Beispiel der griechischen, bulgarischen, serbischen und türkischen Nationalismen unter Zugriff auf theoretische Konzepte (u.a. Ernest Gellner, Benedict Anderson, Dieter Langewiesche usw.) zu untersuchen.
|
Literatur: |
- Benedict Anderson: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, Frankfurt/M 1998. - Ernest Gellner: Nationalismus und Moderne, Berlin 1991. - Eric Hobsbawm: Nationen und Nationalismus. Mythos und Realität seit 1780, Frankfurt/M. 1990. - Holm Sundhaussen und Michael Riekenberg (Hrsg.): Politische und ethnische Gewalt in Südosteuropa und Lateinamerika, Köln, Weimar, Wien 2001.
|