Beschreibung und Zielsetzung
Der Prozess der europäischen Integration kann als eine Serie von Entscheidungen der Mitgliedstaaten verstanden werden, Teile der staatlichen Souveränität abzugeben bzw. auf der europäischen Ebene zu bündeln. Diese Entscheidungen sind vor allem in den Verträgen und den wiederkehrendenden Vertragsrevisionen sichtbar; erst durch die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) sowie der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) in den 1950er Jahren, dann durch die Gründung der Europäischen Union (EU) durch den Maastricht Vertrag in den 1990er Jahren und zuletzt durch den Lissabon Vertrag (in Kraft seit 2009). In diesem Verständnis ist die EU demokratisch legitimiert, da die Abgabe bzw. Bündelung von Souveränität sowie die Gründung von Institutionen durch die souveränen Entscheidungen der Mitgliedstaaten erfolgt.
Dieser Prozess wirft allerdings Fragen zur demokratischen Legitimität auf, da die EU durch die fortschreitende Integration in manchen Politikbereichen sehr weitreichende Kompetenzen erhalten hat (z.B. Agrarpolitik, Binnenmarkt und Währungsunion) und in nahezu allen weiteren Bereichen zumindest koordinierende Funktionen hat. Sie hat dadurch eine Form der “Staatlichkeit” erlangt, da sie in nahezu allen Politikbereichen entweder autonom oder in Koordination mit den Mitgliedstaaten hoheitlich tätig wird. In den Mitgliedstaaten sind diese Tätigkeiten in demokratische, politische Systeme eingebunden und so stellt sich die Frage, ob die Abgabe von Souveränität und die Verlagerung von Kompetenzen auch mit einem Ausbau der Demokratie auf europäischer Ebene einhergeht. Tatsächlich ist spätestens seit den 1990er Jahren der Begriff des sogenannten Demokratiedefizits nicht nur Teil der akademischen Auseinandersetzung, sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung etabliert. Das Demokratiedefizit wird dabei oft als Ursache des weitverbreiteten Euroskeptizismus und einer allgemeinen Politikverdrossenheit genannt. Darüber hinaus haben manche Krisen, denen die EU in den letzten Jahren ausgesetzt war (z.B. Finanzkrise, Migrationskrise), dazu geführt, dass sich die Rahmenbedingungen geändert haben, in denen das (angenommene) Demokratiedefizit diskutiert wird.
Verbindung des Seminars mit der Vorlesung im EU Aufbaumodul
Die Vorlesung im Modul Europäische Integration und Politik im europäischen Mehrebenensystem ist die Grundlage für die Seminare im Modul. In der Vorlesung wird ein Überblick der Europäischen Integration und des politischen Systems der EU gegeben. Dieser Überblick beinhaltet die Institutionen, Grundlagen der Politikprozesse und normative Bewertungen (Diskussionen) bestimmter Aspekte des politischen Systems, z.B. Erweiterung und EP Wahlen.
Das Seminar "Demokratie in der Europäischen Union" ist als eigenständige Veranstaltung konzipiert und nicht alle Aspekte, die in der Vorlesung diskutiert werden, sind für das Seminar relevant. Allerdings ist ein grundlegendes Verständnis der Institutionen und Politikprozesse in der EU unerlässlich für die erfolgreiche Absolvierung des Seminars. Diese Grundlagen werden in der Vorlesung vermittelt und der regelmäßige Besuch der Vorlesung wird daher dringend empfohlen!
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