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Keine Einordnung ins Vorlesungsverzeichnis vorhanden. Veranstaltung ist aus dem Semester SoSe 2023 , Aktuelles Semester: SoSe 2024
  • Funktionen:
Projektkurs Forschungspraxis    Sprache: Deutsch    Belegpflicht
(Keine Nummer) Übung     SoSe 2023     4 SWS     jedes 2. Semester    
   Lehreinheit: Sozialwissenschaften    
   Teilnehmer/-in  erwartet : 25   Maximal : 25  
 
      TuV, Theorie und Vergleich politischer Systeme im Wandel   ( 2. Semester )
  Master of Arts Theorie und Vergleich politischer Systeme im Wande, Abschluss 86, Master of Arts Theorie und Vergleich politischer Systeme im Wande (86TVP)   ( 2. Semester )
   Zugeordnete Lehrperson:   Öztürk
 
 
Zur Zeit keine Belegung möglich
   Termin: Dienstag   14:00  -  18:00    wöch.
Beginn : 04.04.2023    Ende : 11.07.2023
      Raum :   LK 063   LK  
 
 
   Kommentar:

Eine Mehrheit der (nicht muslimischen) Bevölkerung in Deutschland schätzt ihr Wissen über den Islam und Muslim*innen als sehr oder eher gering ein und hat selten oder nie Kontakt mit Muslim*innen im eigenen Freundes- und Bekanntenkreis (Foroutan et al. 2014). Gegen Muslim*innen gerichtete Ressentiments und Vorurteile verhindert das jedoch nicht. Im Gegenteil: Verschiedene Umfrageprojekte verzeichnen seit mindestens zwei Dekaden islam- und muslim*innenfeindliche Stereotype und Ablehnungshaltungen, die ihrer Prävalenz nach zu urteilen bis in den Mainstream der deutschen Gesellschaft reichen (u. a. Decker und Brähler 2020; Leibold et al. 2012; Zick et al. 2019). Bei diesen Einstellungsmustern handelt es sich um mehr als ein folgenloses „Schubladendenken“. Die Muslim*innenfeindlichkeit birgt ein nicht zu unterschätzenden Radikalisierungspotenzial, welches sich in rechts-autoritären Regimepräferenzen, den Mobilisierungserfolgen der Alternativen für Deutschland und einer akzentuierten Gewaltaffinität materialisiert (Öztürk et al. 2023, im Erscheinen). Genügend Gründe, um sich (auch in der Politikwissenschaft) mit den sozialpsychologischen Triebfaktoren gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (Küpper & Zick 2015) auseinanderzusetzen. Ein diesem Zusammenhang immer wieder kehrender Befund lautet, dass Menschen, die Kontakte zu Muslim*innen pflegen, –im Einklang mit der klassischen Kontakthypothese (Allport 1954) – für muslim*innenfeindliche Einstellungen weniger empfänglich sind (u. a. Foroutan et al. 2014; Pickel und Öztürk 2018; Yendell 2013). Ablehnende Haltungen gegenüber Muslim*innen scheinen also in den seltensten Fällen aus unmittelbaren Erfahrungen der Menschen zu resultieren. Im Umkehrschluss stellt sich dann natürlich die Frage nach den Wissensquellen über „den“ Islam und „die“ Muslim*innen – und es gibt gute Gründe für die Annahme, dass Massenmedien in dieser Gemengelage eine Schlüsselrolle einnehmen (Pickel 2020).

Empirisch gibt es eine ganze Reihe von Teilbefunden, die für diese Vermutung sprechen: Die Mehrheit der Bevölkerung nutzt die mediale Berichterstattung, um sich ihre Meinung über Muslim*innen und ihre Religion zu bilden (Foroutan et al. 2014). Großer Konsens besteht zudem darüber, dass die gängigen Bilder, die in den Massenmedien kommuniziert werden, Medienrezipient*innen wiederholt Anlass geben, um den Islam und Muslim*innen pauschalisierend mit Negativthemen in Verbindung zu bringen. Die krisenorientierte Berichterstattung über das Konfliktgeschehen im Nahen Osten, Gewaltexzesse des Islamismus sowie wiederkehrende Diskussionen über (imaginierte als auch reale) Integrationsprobleme von Muslim*innen begünstigen nämlich die Konstruktion einer Wirklichkeit, in der der Islam und seine Angehörigen pauschal als fremd, nicht integrierbar, bedrohlich und vor allem gewaltbereit erscheinen (u. a. El-Menouar 2019; Hafez 2017; Hafez und Richter 2007; Karis 2019; Schiffer 2015). Vieles spricht dafür, dass die damit einhergehenden Zerrbilder wirkmächtig sind. Die Demoskopie verzeichnet, dass eine Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland den Islam als bedrohlich empfindet (Pickel 2020b) und pauschalisierend mit der Unterdrückung von Frauen, Fanatismus und Gewaltbereitschaft assoziiert (Pollack et al. 2014). Die Annahme einer gewissen Überschneidung zwischen veröffentlichter und öffentlicher Meinung ist somit alles andere als abwegig.

Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll die klassische Kontakthypothese (Allport 1954), um die Annahmen der parasozialen Kontakthypothese (Bond 2020; Schiappa et al. 2005) zu ergänzen. Aus ihrer Perspektive kann der Begegnung mit Muslim*innen in der Medienberichterstattung der Status imaginierter bzw. parasozialer Kontakte zugesprochen werden (Horton und Wohl 1956, S. 215). Tatsächlich zeigt sich, dass sich die kognitive Verarbeitung dieser imaginierten Kontakte – gerade im Fall von audio-visuellen Medien – kaum von realen Intergruppenkontakten unterscheidet (Kanazawa 2002). Grundsätzlich haben diese parasozialen Kontakte das Potenzial antimuslimischen Vorurteilen entgegenzuwirken (Alrababa’h et al. 2021). Da in der medialen Berichterstattung jedoch Negativbilder überwiegen, besteht die Gefahr, dass sich antimuslimische Einstellungsmuster durch diese parasozialen „Begegnungen“ verfestigen – und zwar vor allem dann, wenn für die Medienrezipient*innen keine Möglichkeit besteht, die damit einhergehenden Zerrbilder durch reale Intergruppenkontakte zu Muslim*innen zu korrigieren (u. a. Hafez 2013; SVR 2013; Öztürk 2022; Pickel und Yendell 2016).

In dem Seminar soll die Plausibilität der parasozialen Kontakthypothese auf Grundlage einer selbst konzipierten Umfrage sowie Leitfadeninterviews auf Herz und Nieren geprüft werden. Die Lernziele lassen sich dabei wie folgt umreißen:

  • Einblicke in die Klassiker der Vorurteilsforschung (u. a. Allport 1954)
  • Bewusstsein über umstrittene Begrifflichkeiten zur Kennzeichnung von negativen Einstellungen gegenüber Muslim*innen und ihrer Religion
  • Einblicke in empirische Zugänge zur Erfassung der entsprechenden Konzepte in der Einstellungsforschung
  • Einblicke in die Grundlagen der sozial-psychologischen Vorurteilsforschung mit einem besonderen Augenmerk auf die (parasoziale) Kontakthypothese
  • Praktische Erfahrungen in der theoriegeleiteten Gestaltung, Konzeption und Erhebung von Online-Surveys sowie Leitfadeninterviews
  • Praktische Erfahrungen mit inhaltsanalytischen Auswertungen von qualitativen Interviews auf Basis von MAXQDA
  • Einblicke in weiterführende Auswertung von Surveydaten (z. B. Mediations- und Moderationsanalysen)
  • Einblicke in die Möglichkeit der Triangulation von qualitativen und quantitativen Daten

Weitere Informationen (etwa zu den Anforderungen an einen Leistungsnachweis und der detaillierte Seminarplan) folgen in der ersten Seminarsitzung. Bei Fragen können Sie mich gerne kontaktieren: cemal.oeztuerk@uni-due.de