Grammatik wandelt sich unablässig. Beispiele lassen sich in der Alltagssprache täglich entdecken: So wird das Präteritum (sie aß) heute immer weniger gebraucht und ist im süddeutsch Sprachraum bereits gänzlich abgebaut. Stattdessen dominiert in der gesprochenen Sprache das Perfekt (sie hat gegessen). Zusätzlich bildet sich aktuell mit dem Doppelperfekt (sie hat gegessen gehabt) ein neuer Vergangenheitsausdruck heraus. Die Entstehung und den Wandel grammatischer Formen fasst man unter den Begriff Grammatikalisierung.
Im Seminar befassen wir uns zunächst exemplarisch mit einzelnen Grammatikalisierungsphänomenen und lernen ihre grundlegenden Prinzipien sowie typischen Verlaufsmuster kennen. Damit einhergehend werden grammatische Grundbegriffe vertiefend wiederholt. Im Anschluss nehmen wir jüngere Grammatikalisierungen in den Blick, wie z.B. das bekommen-Passiv (sie hat das Fahrrad repariert bekommen), das sogenannte am-Progressiv (sie ist am Telefonieren) oder neu entstehende Genusmarker (die Kirche als Vertreterin der Glaubensgemeinschaft). Dabei werden wir u.a. den Fragen nachgehen, welche Funktionen diese Formen erfüllen, warum sie verwendet werden und wie stark sie in der Gegenwartssprache bereits etabliert sind.
Schließlich werden wir aktuelle Forschungsmethoden wie die Arbeit mit Korpora kennenlernen, mit denen man Grammatikalisierungsphänomene untersuchen kann.
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