Mit dem Aufkommen der Industriegesellschaft im 19. Jahrhundert wuchs auch der Protest gegen ihre Auswüchse. Der Protest richtete sich vor allem gegen die sozialen Folgen der Verstädterung, Industrialisierung und gegen den technischen Fortschritt allgemein. Ideologisch waren diese Proteste sehr unterschiedlich motiviert. Neben der radikalen Kritik des Kommunistischen Manifestes gab es auch christlich konservative Strömungen, die die Seelenlosigkeit des technischen Fortschritts beklagten.
Bis in die Gegenwart lassen sich die Grundlinien dieses Aufstands gegen die Moderne nachzeichnen. Ein Höhepunkt war z.B. die "Konservative Revolution" zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die z.T. dem Faschismus den Boden bereitete.
In dem Seminar sollen klassische Positionen der Kritik an der Moderne, die eng verwandt ist mit Technik- und Wissenschaftskritik, nachgezeichnet werden.
Weiterhin soll herausgearbeitet werden, was die Gemeinsamkeiten dieser heterogenen - linken und rechten - Kritiken sind und welche Bedeutung sie für die heutigen Diskurse über Technologie, Wissenschaft und Fortschritt bedeuten.
In der Vorbesprechung am 27. Oktober 2023, 10 c.t. - 11.45 h erfolgt eine Einführung in das Seminarthema.
Anschließend werden die Themen für die Hausarbeiten vergeben und die Termine für ihre Präsentation vereinbart.
Diese Themen können aus der folgenden Themenliste stammen. Weitere Themenvorschläge sind willkommen.
Themen für Präsentationen/Hausarbeiten
1. Zur Geschichte der Zivilisations- und Technikkritik. (Klems)
2. Karl Marx Kritik der kapitalistischen Gesellschaft.
3. Romantische Zivilisationskritik: Die "Konservative Revolution". (Breuer)
4. Oswald Spengler "Der Mensch und die Technik".
5. Elitäre Kritik "von oben" an der Moderne: Ortega y Gasset.
6. F.G. Jüngers Kampf gegen die Technik.
7. Die Gesellschaftskritik der "Frankfurter Schule": Dialektik der Aufklärung.
8. Kritik aus dem Globalen Süden: Darcys Ribeiro.
9. Günther Anders' radikale Kritik der modernen Gesellschaft.
10. Jürgen Habermas' Position zu Wissenschaft und Technik im Kapitalismus.
11. Joseph Weizenbaums Kritik der Computergesellschaft.
12. Kontinuität der Technikkritik (Ropohl).
13. Aktuelle Kontroversen über die Gentechnik.
14. Rechtspopulismus als Aufstand gegen die Moderne.
15. Postmoderne Gesellschaftskritik: Lyotard.
16. Fallstudien über bestimmte Diskurse über Informationsgesellschaft, Künstliche Intelligenz, Kernenergie,...
Literatur
Anders, Günther: Die Antiquiertheit des Menschen. Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution. München 2002 (3. Auflage)
Breuer, Stefan: Anatomie der konservativen Revolution. Darmstadt 1993
Habermas, Jürgen: Technischer Fortschritt und soziale Lebenswelt. In: ders.: Technik und Wissenschaft als 'Ideologie'. Ffm. 1981, 104-119
Horkheimer, Max/Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Ffm 1971
Jünger, Friedrich Georg: Die Perfektion der Technik. Ffm 1953
Klems, Klems: Die unbewältigte Moderne. Geschichte und Kontinuität der Technikkritik. Ffm 1988
Lyotard, Jean-Francois: Das postmoderne Wissen. Wien 2009.
Marx, Karl/Friedrich Engels. Das Kommunistische Manifest.
Ortega y Gasset, José: Der Aufstand der Massen. Hamburg 1956
Ribeiro, Darcy: Der zivilisatorische Prozess. Ffm 1983
Ropohl, Günter: Die unvollkommene Technik. Ffm 1985
Spengler, Oswald: Der Mensch und die Technik. München 1931
Weizenbaum, Joseph: Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft. Ffm 1978
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