Kommentar: |
[Gruppe G1] Kommunikation und Kooperation im 'Digital Classroom' (Prof. Dr. Michael Beißwenger)
Digitale Medien laden mit ihren innovativen Möglichkeiten zur Kommunikation und Kooperation dazu ein, Unterricht neu zu denken. Zugleich ergeben sich mit der Integration digital unterstützer Vermittlungs- und Lernformen veränderte Anforderungen an die Gestaltung von Unterrichtskommunikation.
Um die Potenziale von Lernplattformen und Kommunikationswerkzeugen sinnvoll und kompetenzförderlich in die Unterrichtsgestaltung einzubinden, ist es daher wenig zielführend, bewährte Vermittlungsformate aus dem Präsenzunterricht einfach nur in digitale Umgebungen zu übertragen. Nicht erst die im Zuge des Corona-Lockdowns und der damit verbundenen Umstellung von Präsenz- auf Distanzunterricht an Schulen und Hochschulen ist vielen Lehrenden bewusst geworden, dass Medien nicht einfach nur ein „neutraler Übertragungskanal“ sind, „mit [deren] Hilfe sich vorgefertige Informationspakete wie materielle Güter auf einem Fließband vom Sender zum Empfänger transportieren lassen“ (Frederking et al. 2018: 14). Vielmehr sind Kommunikationsprozesse, die über digitale Technologien organisiert werden, mit veränderten Bedingungen der wechselseitigen Wahrnehmung und der Sprecher-Hörer-Kooperation, der Aufmerksamkeitssteuerung, der Aktivierung von Lernenden und der Organisation von Vermittlungs- und Lernprozessen konfrontiert. Um digitale Medien reflektiert für die Gestaltung von Vermittlungs- und Lernprozessen einzusetzen, ist es daher unumgänglich, die genutzten Medien hinsichtlich ihres Einflusses auf die Organisation von Kommunikationsprozessen zu analysieren und didaktische Settings zu entwickeln, die geeignet sind, diese Einflussfaktoren in lernförderlicher Weise zu kontrollieren.
In diesem Seminar werden wir uns mit verschiedenen Formen und didaktischen Szenarien der Unterrichtskommunikation unter Nutzung digitaler Medien beschäftigen. Dabei betrachten wir an ausgewählten Beispielen sowohl digitale Distanz- und Hybridformate als auch den Einsatz von Lerntechnologien zur Bereicherung des Präsenzunterrichts. Das Seminar schließt eine praktische Einführung in die Nutzung der Lernplattform Moodle aus der Sicht von Lehrkräften und die Erprobung des Umgangs mit ausgewählten Moodle-Werkzeugen ein (u.a. Bereitstellung von Materialien, Einbindung von Videos, Erstellung von Tests und Aufgabenstellungen, Gestaltung interaktiver Übungsmodule mit H5P, kooperative Textarbeit mit dem Textlabor). Schwerpunkte der Reflexion von Kommunikations- und Kooperationsprozessen unter den Bedingungen der Digitalität sowie der darauf bezogenen didaktischen Herausforderungen bilden u.a. Videokonferenzen (Zoom, Big Blue Button, MS Teams u.Ä.), die E-Mail-Kommunikation mit Schüler:innen, Eltern und Kolleg:innen sowie die Initiierung und Steuerung von kooperativen Arbeitsformen (am Beispiel des Moodle-Textlabors). Eine linguistische Perspektive auf Kommunikation und auf die Bedingungen kooperativen Lernens bildet dafür eine unverzichtbare Grundlage. Diese wird anhand ausgewählter Literatur erarbeitet.
[Gruppe G2] Die Kultur der Digitalität im Spiegel von Gegenwartsliteratur und -kunst (Prof. Dr. Michael Beißwenger in Kooperation mit Dr. Liane Schüller)
Im Juni 2022 hat die Kulturministerkonferenz neue, verbindliche Bildungsstandards für das Unterrichtsfach Deutsch verabschiedet. Im Unterschied zur vorigen Fassung der Standards sind in der Neufassung erstmals systematisch auch Bildungsziele enthalten, die den Beitrag des Deutschunterrichts zur Vermittlung digitalitätsbezogener Kompetenzen beschreiben. Digitalitätsbezogene Kompetenzen sind solche Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für die Orientierung in einer durch digitale Angebote geprägten Gesellschaft, in der Lebens- und Arbeitswelt benötigt werden. Ein zentraler Beitrag des Faches Deutsch zum Aufbau solcher Kompetenzen betrifft die Entwicklung einer kritischen Reflexionsfähigkeit in Bezug auf die Angebote der ‚digitalen Welt‘ und im Hinblick auf die Prägung des individuellen und gesellschaftlichen Handelns durch den Umgang mit und die Allgegenwart von digitalen Technologien. Als Stichpunkte seien genannt: Künstliche Intelligenz, Big Data, Überwachung durch Algorithmen, virtuelle ‚Echokammern‘, Hate Speech und Diskriminierung in sozialen Netzwerken, Verbreitung von Verschwörungstheorien und ‚Fake News‘ über digitale Kanäle.
Einen ebenso aufschlussreichen wie spannenden Spiegel der gesellschaftlichen Aneignung und Reflexion der ‚Kultur der Digitalität‘ (Stalder 2016) und ihrer Dynamik bilden Werke der Gegenwartsliteratur und Kunst (bildende Kunst, Film, Theater, Hörmedien, Musik), die Aspekte der Prägung von Kultur und Gesellschaft durch Digitalität und Internet aufgreifen und diese künstlerisch verarbeiten. Diese können als Seismographen gesellschaftlicher Prozesse, Umbrüche und Konflikte betrachtet und in Bezug zur Alltagserfahrung der Schülerinnen und Schüler im Umgang mit digitalen Angeboten gesetzt werden. Davon ausgehend lassen sich die Wirkungen digitaler Transformationsprozesse auf Individuum und Gesellschaft diskutieren und Strategien des Umgangs mit den Gegenständen der ‚digtialen Welt‘ im individuellen Handeln entwickeln. Die Potenziale eines über künstlerische Artefakte vermittelten Zugangs zu den Herausforderungen, Risiken und Chancen der Kultur der Digitalität sind in der Deutschdidaktik zum gegenwärtigen Stand erst in Ansätzen erschlossen.
Genau hier setzt dieses Seminar an, das als übergreifende Veranstaltung der Teilbereiche Literaturdidaktik und Mediendidaktik durchgeführt wird und die beiden damit verbundenen Perspektiven zueinander in Beizehung setzt. Unter literaturdidaktischer Perspektive stehen Fragen der unterrichtlichen Auseinandersetzung mit literarischen Texten und Werken der Kunst im Vordergrund, in denen Aspekte der Digitalität künstlerisch verarbeitet sind. Unter mediendidaktischer Perspektive steht die Entwicklung einer Didaktik des Umgangs mit der digitalen Alltagsrealität im Fokus, die auf dem Wege der Reflexion ein kritisches Bewusstsein für die dadurch eröffneten Möglichkeiten, Herausforderungen und Risiken fördert.
Hniweis zur Anrechenbarkeit: Das Seminar kann entweder für den Teilbereich Mediendidaktik oder für den Teilbereich Literaturdidaktik angerechnet werden. Die Anrechenbarkeit ergibt sich mit der Seminarzulassung. Wenn Sie das Seminar für den Bereich Mediendidaktik anrechnen lassen möchten, bewerben Sie sich bitte (per LSF) um einen Seminarplatz im Seminar von Prof. Dr. Michael Beißwenger. Wenn Sie das Seminar für den Bereich Literaturdidaktik anrechnen lassen möchten, bewerben Sie sich bitte um einen Seminarplatz im gleichnamigen Seminar von Dr. Liane Schüller, das im Vorlesungsverzeichnis im Bereich Literaturdidaktik eingeordnet ist.
Hinweis zur Lektüre: Das Seminar setzt voraus, dass Sie ausgewählte Werke der Literatur – z.T. vorbereitend, z.T. begleitend zum Seminar – lesen. Welche Werke dem Seminar zugrunde gelegt werden, wird rechtzeitig vor Semesterbeginn per Rundmail an die zugelassenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bekannt gegeben. |